Die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL) hat seit ihrer Gründung vor 120 Jahren immer wieder starken Anteil an Diskussionen zur Planung städtischer Entwicklungen genommen. Damals erforderte das starke Wachstum der Städte einen kompensatorischen Ausgleich für die inhumanen Regeln des Immobilienmarktes. In allen großen Städten wurden Gartenämter gegründet.

Sie hatten die Aufgabe, den Verlust des Zugangs zu Natur und Landschaft außerhalb der Stadt durch innerstädtische grüne Freiräume auszugleichen. Das Bild der Stadt wird seitdem nicht nur in Europa durch diese Mischung von bebauten und unbebauten Flächen geprägt. Gartenkultur ist zu einem bestimmenden, eigenständigen Element städtischer Baukultur geworden. Gärten, Parks, Friedhöfe, Stadtwälder und Reste alter Kulturlandschaft geben dem Leben in der Stadt in Ergänzung zu den Vorteilen baulicher Dichte einen eigenständigen, nur dort zu findenden Wert und sie leisten einen wichtigen Beitrag zum friedlichen Zusammenleben der Menschen.

Zu den Triebkräften dieser Entwicklung gehörte, dass die Städte durch Zuwanderung von Menschen und durch Verbesserung der Wohn- und Arbeitsbedingungen ständig mehr Bauflächen brauchten. Die Berücksichtigung verschiedner Nutzungsinteressen, die Strukturierung von bebauten und unbebauten Flächen und die Verteidigung von Freiräumen waren ein beherrschendes Merkmal der Stadtplanung im 20. Jahrhundert. Sie war im Planungssystem geregelt und professionell untermauert. Bauplaner und Freiraumplaner bildeten ein konkurrierendes, fruchtbares Gespann.

Die Triebkräfte des Wachstums sind in letzter Zeit vielen Städten abhanden gekommen. Die Abwanderung ist größer als die Zuwanderung, die Sterberate höher als die der Geburten. Viele Wohnungen und Gewerbeflächen stehen leer. Das böse Wort "Schrumpfung" macht die Runde oder wird durch den positiver wirkenden Begriff "Stadtumbau" ausgetauscht.

Freiräume bekommen in dieser Situation plötzlich eine völlig neue Bedeutung; denn es gibt mehr davon als man braucht oder haben will. Die Kompensation tritt in den Hintergrund und die Platzhaltung nach vorn. Wilde Natur wird eingeladen, in die Stadt zurückzukehren. Viele originelle, aber selten nachhaltige Vorschläge liegen auf dem Tisch.

Die DGGL empfiehlt, bei der Suche nach Lösungen für die neuen Stadtprobleme den historischen Ausgangssituationen mehr Aufmerksamkeit zu schenken und daraus neue Strategien der Stadtentwicklung abzuleiten. Fast alle Städte sind in einer besonderen naturräumlichen Lage entstanden und haben versucht, sich mit der Kompetenz ihrer Grünflächenämter ein dazu passendes, spezielles Gartenkleid zu schneidern. Viele Wünsche waren im Zuge stürmischer Wachstumsphasen nicht durchsetzbar oder wurden im Schwung der Übernahme städtebaulichen Moden vergessen. In jeder Stadt sind massive Fehlentwicklungen zu beklagen. Die heutige Situation bietet die Chance für eine Rückbesinnung auf alte landschafts-, garten- und baukulturelle Entwicklungsvorstellungen und für das Herausarbeiten eines an der Stadtgeschichte orientierten Leitbildes, damit Städte wie Halle an der Saale, Leipzig an der Elster, Dresden an der Elbe, Hannover an der Leine oder München an der Isar wirklich unverwechselbar bleiben oder werden und die Menschen gern in ihnen leben.